Island


Tagebuch: Mit dem Mountainbike durch Island

Island: Explosive Bike-Abenteuer im Norden Europas

Biken auf Island ist ein außergewöhnliches Abenteuer. Die knapp über 100.000 Quadradkilometer große Insel liegt im hohen Norden Europas und zählt klimatisch zur Polarregion.

Dennoch ist die Jahresdurchschnittstemperatur dank des Golfstroms mit fünf Grad Plus relativ mild.

Karge Wüsten aus Vulkanasche, Wasserfälle, Geysire und warme Quellen zieren die Landschaft der Insel. Lediglich 329.000 Einwohner teilen sich das Land.

Tag 1 und 2: Die Ankunft

 

1. Tag

0 Uhr: Ankunft am Flughafen Keflavik. Zu unserem Erstaunen ist es immer noch hell. Nur die Leute sind wesentlich wärmer gekleidet als bei uns, obwohl das Wetter traumhaft ist.

 

Vor dem Flughafen stehen ungefähr 35 neue VW Touareg mit laufendem Motor und Chauffeur. Diese warten auf ihre Fahrgäste, die wir eher in Vorstandsetagen vermuten.


Wir machen uns auf zu unserem Hotel. Mittlerweile ist es zwei Uhr morgens und auf den Straßen sind immer noch Menschen unterwegs.

 

2. Tag
So lebhaft die Straßen in der Nacht waren, so ruhig ist es am nächsten Morgen. Wir wollen früh die Einkäufe für die nächsten Tage erledigen und sind extra schon um 8 Uhr los.

 

Leider müssen wir feststellen, dass der Supermarkt erst um 11.45 Uhr öffnet. Stattdessen erkundigen wir uns bei einer nahegelegenen Tankstelle nach dem Wetter für die nächsten Tage.

 

Jeder auf Island spricht sehr gut Englisch, so dass die Kommunikation überhaupt kein Problem ist. Zurück am Supermarkt stellen wir fest, dass er schon längst geöffnet hat. Anscheinend sind die Öffnungszeiten nur Richtwerte. Das Sortiment sieht eigentlich genauso aus wie bei uns. Man bekommt wirklich alles was, man braucht.

 

Von Wanderkarten über Obst und Gemüse bis hin zum Bier. Bier, das man im Supermarkt bekommt, ist aber nur Leichtbier mit 2,25 Prozent Alkohol und kostet um die Hälfte mehr als in Deutschland. Sonst sind die Preise ziemlich gleich.

 

Unsere Reise geht in den Süden der Insel. Hier soll das Wetter in den nächsten Tagen relativ schön sein. Erster Anlaufpunkt ist der Eyjafjallajökull. Genau der Vulkan, der letztes Jahr den Flugverkehr über Europa lahm gelegt hat. Hier haben wir auf unserer Karte ein paar Trails ausfindig gemacht, die wir eventuell mit dem Mountainbike befahren können.

Tag 3: Erste Vulkan-Erfahrung

 

Es ist 3:30 Uhr. Nachdem es in der Nacht nicht wirklich dunkel geworden ist, streifen die ersten Sonnenstrahlen unser Zelt.

 

Warum den Tag nicht komplett nutzen? Nur zögerlich verlassen wir unsere schönen warmen Schlafsäcke und ziehen uns unsere klammen Sachen an. Jetzt gibt es erst mal einen warmen Tee und ein gutes Frühstück. Der Sonnenaufgang dauert hier im Norden ewig und wir lassen uns von den ersten Strahlen wärmen.

 

Ab aufs Bike! In der goldenen Stunde verlassen wir unseren Zeltplatz und kämpfen uns eine irrsinnig steile Schotterstraße nach oben. Nach etwa 100 Höhenmetern wird es endlich wieder flacher. Die Straße zieht sich jetzt gemächlich, mit leichten Steigungen hinauf zum Eyjafjallajökull.
So schön der Tag auch angefangen hat, so unangenehm wird er jetzt. Die Wolken werden immer dichter. Nebel bildet sich. Es fängt an zu nieseln.

 

Kein Weg in Sicht

 

Mit jedem Höhenmeter wird es spürbar kühler. Die Straße endet an einer kleinen Holzbrücke, die über einen tosenden Bach geht. Danach ist der Weg nur noch alle 500 Meter durch Holzstäbe markiert, die am Ende rot angemalt sind. Wir queren jetzt die ersten kleinen Schneefelder. Der Schnee ist oft mit tief schwarzer Vulkanasche bedeckt. Die Asche ist so weich, dass wir oft nur noch durch Schieben unserer Bikes vorankommen.

 

Auf einmal macht sich gleich neben uns ein fast 200 Meter tiefer Abgrund auf. Im Nebel nur schwer zu erkennen, schlängelt sich im Tal ein reißender Fluss. Fast oben angekommen wird der Nebel so dicht, dass wir die Wegmarkierungen nicht mehr erkennen können. Wir suchen so lange, bis wir wieder an einem anderen Abgrund stehen, bei dem wir nicht einmal den Boden erkennen können.

 

Es ist absolut still. Nur der Wind pfeift uns unangenehm ins Gesicht. Die durchnässten Klamotten kühlen uns zusätzlich aus. Wir überlegen, ob wir den Nebel aussitzen (es wird ja nie dunkel) oder ob wir umkehren sollen. Nach ein paar Minuten haben wir in den Fingern nahezu kein Gefühl mehr und beschließen den Rückzug.

 

Wie im Winter beim Powdern

 

Wir gleiten mit unseren Bikes durch die Vulkanasche des Eyjafjallajökull und fühlen uns wie im Winter beim Powdern. Jeder kleine Absatz dient zum Absprung und jede Kurve ergibt einen schwarzen Spray. Mit jedem Tiefenmeter reißt der Nebel weiter auf und wir erkennen jetzt diese atemberaubende Landschaft mit ihren Canyons.

 

Weiter unten wird der Weg zu einem schmalen, flowigen Singletrail. Wir müssen oft anhalten, um diese gewaltige Natur zu bewundern. Die Anstrengung vom Aufstieg und die Kälte sind vergessen. Wir sind von der Natur einfach nur beeindruckt.

 

Unten angekommen waschen wir uns in einem der unzähligen, kleinen, eiskalten Gletscherbäche. Wir machen uns eine warme Suppe und bereiten unsere Weiterreise Richtung Osten vor. Ein paar Kilometer weiter schlagen wir unser Zelt auf, um von hier aus am nächsten Morgen unsere Tour zu starten.

 

Ich liege im Halbschlaf auf meiner Isomatte und male mir aus, was wir wohl morgen erleben werden. Markus schläft schon. Auf einmal habe ich das Gefühl, als würde die Erde unter mir beben. Ich habe so etwas noch nie erlebt und war mir nicht sicher, ob ich nur träume oder ob es wirklich gebebt hat. Egal, ich versuche zu schlafen. Auch wenn ein ungutes Gefühl bleibt.

Tag 4: Ab durch die Steinwüste

 

Das Wetter ist wieder super. Ein straffer Wind schiebt die Wolken zur Seite und beschert uns einen freien Blick auf den Gipfel des Katla. Der Katla ist neben dem Eyjafjallajökull einer der gefährlichsten Vulkane auf Island. Der Vulkan ist von einer zirka 300 Meter dicken Eisschicht bedeckt. Er bricht ungefähr alle 50 Jahre aus. Der letzte Ausbruch war 1955.

 

Wir sind fasziniert von dem gewaltigen Anblick. Die Bergkuppe ist riesig. Nur Schnee und Eis, soweit das Auge reicht. Gewaltige Gletscherspalten und große Abbrüche sind zu erkennen. „Oh man, das wird heut zäh!“ Die Bikes quietschen und knarzen überall. Die feine Vulkanasche ist in jede noch so kleine Lücke gekommen. „Hoffentlich hält unser Material das durch."

 

Der Klang des Gletschers

 

Mit dem gleichmäßigen Knarzen unserer Räder nähern wir uns langsam dem Gletscherfeld. Wie schon am Vortag schieben sich langsam Wolken vor den Gipfel und ein straffer Wind zieht auf. Es wird unangenehm kühl. Am Gletscherrand angekommen, stoßen wir auf eine Hütte, vor der ca. 50 Skidoos stehen. Hier werden im Winter wohl Gletschertouren angeboten.

 

Hier am Eisrand ist für uns Schluss und wir suchen den Weg, der laut Karte ins Tal führen soll.
Der Weg soll immer an der Kante eines Canyons verlaufen. Wir stellen fest, dass unsere einzige Orientierungshilfe die Höhenlinien der Karte sind. Ab und zu ist ein schmaler Trampelpfad zu erkennen. Unten im Canyon sieht man den Gletscher kalben. Manchmal ist ein lautes, dumpfes, ja beängstigendes Grollen vom Gletscher zu hören.

 

So hört es sich an, wenn sich der mehrere hundert Meter dicke Eispanzer ein paar Zentimeter bewegt. Nur die kurzen Abstände dieser unangenehmen Geräusche beunruhigen uns.

 

Steile Abfahrten und ausgeflippte Touristen

 

Die Abfahrt ist der Wahnsinn. Die Landschaft gibt uns den Weg vor. Wir suchen uns einen Weg durch die Steinwüste. Ab und zu müssen wir einen Blick auf die Karte werfen, um nicht in den Canyon zu stürzen oder in eine Sackgasse zu fahren. Es kann nämlich passieren, dass man sich das falsche Hochplateau aussucht und dann am Ende am senkrechten Abgrund steht.

 

Es ist schon etwas Nervenkitzel dabei, nicht zu wissen wie steil die Abfahrt am Ende des Plateaus für uns wird. Als wir die steile Rinne endlich einsehen, sind wir erleichtert. Es ist fast alles fahrbar.

 

Unten angekommen bittet uns ein russischer Tourist anzuhalten. Er fragt, ob wir Einheimische sind.
Er hätte gestern unser Reifenprofil am Skogafoss gesehen und wollte wissen, ob wir da wirklich gefahren sind. Als wir ihm sagten, dass wir das waren, ist er voll ausflippt. Und hat uns ganz oft gesagt, wie cool er diese Aktion findet.

 

Er ist dann gleich zu seinen Freunden und hat ihnen ganz aufgeregt berichtet, dass wir die Mountainbiker waren. Dann wurden unsere Bikes genau inspiziert. Erst nach ein paar Minuten aufgeregter Diskussion auf Russisch (wir haben kein Wort verstanden) konnten wir weiter. Begeistert wurden wir verabschiedet.

 

Wir rollen jetzt entspannt und immer noch von den Eindrücken überwältigt zurück zu unserem Zelt. Ein großer Topf mit Nudeln lässt uns die Anstrengung erst einmal vergessen und wir beobachten ein gigantisches Licht - Wolkenspiel in den schier endlosen Weiten des Hochlandes und den schroffen Bergen.

 

Banges Warten am Fuße des Vulkans

 

Am späten Abend bekommen wir von Role und Tizi (die auch gerade mit ihren Rädern unterwegs sind) eine SMS, dass die Ringstraße im Süden durch einen kleinen Ausbruch und den dadurch entstandenen Gletscherfluss zerstört wurde.

 

Die Nachricht beunruhigt uns, da wir mit unserem Zelt genau am Fuße des Katla stehen. Das Breite Tal, in dem wir unser Zelt aufgebaut haben, ist höchstwahrscheinlich durch einen Ausbruch des Eyjafjallajökull oder Katla entstanden.

 

Zum Glück haben wir die Möglichkeit, uns mit dem Smartphone über die aktuelle Lage zu informieren. In Island gibt es ein sehr gut ausgebautes Handynetz mit mobilem Internet. So hat man nahezu überall die Möglichkeit, sich über die aktuelle Lage zu Informieren.

 

Im Netz erfahren wir, dass es zirka zwei Wochen dauern wird, bis die Ringstraße wieder hergestellt ist. Und dass der Bau auch nur begonnen wird, wenn sich der Vulkan Katla wieder beruhigt.
In einem Blog steht auch, dass Katla kurz vor dem Ausbruch steht. Der Ausbruch von Katla wäre aufgrund des dicken Eismantels verheerend und die Flutwelle mit Eis, Schlamm und Geröll würde alles zerstören, was ihr im Weg steht.

 

Wir beschließen erst einmal ruhig zu bleiben und auf weitere Warnhinweise zu achten (Erdbeben oder dumpfes Grollen).

Tag 5: Zerstörerische Naturgewalten

 

Am nächsten Morgen wollen wir dennoch versuchen unsere Reise über den Süden fortzusetzen.
Die zerstörte Ringstraße ist nur zirka 30 Kilometer von uns entfernt und wir hoffen, dass es eine Alternative bzw. eine Umleitung gibt. So lange kein Verbotsschild kommt, so denken wir, werden wir unseren Weg fortsetzen können.

 

Mitten im Nichts, vor einem Damm steht dann doch ein Stoppschild. Einige Autos stehen links und rechts der Straße, andere versuchen gerade zu wenden. Als wir auf dem Damm stehen, trauen wir unseren Augen nicht. Soweit der Blick bei dem schlechten Wetter reicht, ist alles verwüstet. Eisbrocken liegen auf den Resten der Straße.

 

Alles ist voll mit Schlamm und Geröll. Es stinkt bestialisch nach Schwefel. Die Ebene ist ungefähr 50 Kilometer bereit und genau hier soll eine 5 Meter hohe Flutwelle durchgerauscht sein. Dem Anblick nach können wir uns das gut vorstellen. Die Brücke wurde komplett zerstört. Teile der Straße auch. Zwischen Katla und dem Meer gibt es einfach nichts mehr.

 

Hier kommen wir nicht weiter und stellen fest, wie unbedeutend klein wir im Vergleich zu diesen Naturgewalten sind. Unsere Reiseplanung wurde durch die Zerstörung total über den Haufen geworfen. Was jetzt? Wir beschließen die zur Zeit aktiven Vulkane im Süden ab sofort zu meiden. Es ist überall zu hören, dass es Anzeichen für einen erneuten Ausbruch von Katla gibt.

 

Natur-Tourismus mit Luxusgarantie

 

Das zentrale Hochland scheint uns ein relativ sicherer Ausweichort zu sein. Auf der Fahrt durch die endlosen Weiten Islands stoßen wir immer wieder auf geführte Gruppen, die sich von ihren Guides an die verschiedenen Sehenswürdigkeiten bringen lassen. Mit Reisebussen oder hochmodernen Geländewagen kommen hier die Amerikaner und Westeuropäer mit ihrer Top Fotoausrüstung an und versuchen das Bild aus dem Werbekatalog nachzumachen.

 

Die etwas besser Betuchten lassen sich dann mit einem Hubschrauber die Wasserfälle oder Geysire von oben zeigen. Nach einer halben Stunde steigen sie dann wieder in Ihre VW Tuareg-Geländewagen und fahren in einer Kolonne den nächsten Spot an.

 

Unterwegs treffen wir auch noch auf den französischen Autobauer Renault, der auf einer einsamen Straße, mitten in einer Vulkanwüste, einen Werbespot für ein neues Modell dreht. Nur ärgerlich für uns, dass die Straße für eine Stunde gesperrt ist. Erst als es wieder anfängt zu regnen, dürfen wir wieder weiterfahren.

 

Mitten im Hochland schlagen wir dann am Abend unser Zelt auf. Hier, auf 1.000 Metern Höhe ist es gleich viel kühler als an der Küste im Süden. Unser Thermometer zeigt nur noch 5 Grad Celsius an. Wir kuscheln uns in unsere Schlafsäcke und haben vor, am nächsten Morgen um drei Uhr eine Tour zu starten.

Tag 6: Die Tour gerät ins Stocken

 

Es ist mitten in der Nacht. Draußen ist es zwar immer noch hell, aber das laue Lüftchen vom Vorabend hat sich zu einem Sturm entwickelt. An Schlafen ist jetzt nicht mehr zu denken. Der Regen peitscht auf unser Zelt ein.

 

Manchmal drücken die Windböen unser Zelt so zu Boden, dass wir die Zeltplanen ins Gesicht bekommen. Und das, obwohl wir in unseren Schlafsäcken liegen. Wir schauen uns nur an und denken wohl das gleiche. Hoffentlich hält das Zelt.

 

Keiner will etwas sagen, um den anderen nicht zu beunruhigen. Wirklich wohl fühlen wir uns aber dennoch nicht. Wir liegen jetzt schon drei Stunden wach und beobachten unser Zelt von innen. Dann beschließt Markus einmal rauszuschauen, wie das Wetter wirklich ist und ob es sich lohnt, die Tour zu starten.

 

Der Wind ist so stark, dass er kaum geradeaus laufen kann. In den Wolken haben wir gerade mal eine Sichtweite von 50 Metern. Nach einer Minute kommt er klatschnass ins Zelt zurück und sagt nur: „Ich fahre nicht“.

 

Wir starten trotz Kälte und Nebel

 

Wir versuchen das Wetter im Zelt auszusitzen. So gegen neun Uhr ist eine leichte Besserung zu erkennen. Der Nebel ist jetzt ungefähr 100 Meter über uns und der Regen hat aufgehört. Nur der ekelhafte Wind ist geblieben. Es ist kalt. Nur noch zwei Grad sagt uns das Thermometer. Egal. Wir packen die Sachen zusammen und starten die Tour dennoch.

 

Durch ein karges und gleichmäßiges Gelände tragen uns unsere Bikes hinauf zum Kerlingarfjöll. Unsere Blicke schweifen über das endlos scheinende Land. Wir können in der Ferne zwei gewaltige Gletscher erkennen. Den Hofsjökull und den Langjökull. Bei dem beeindruckenden Anblick vergessen wir fast den unangenehmen, kalten Wind, der auf uns einpeitscht.

 

Über rauchende Böden und Wanderwege

 

Auf einmal stehen wir vor einer absolut faszinierenden Kulisse. So stellen wir uns eher einen fernen Planeten vor, aber nicht unbedingt die Erde. Wir sind jetzt im Herzen des Kerlingarfjöll, einem Hochtemperaturgebiet des Hveradalir. Gelbe, grüne, rote Berge mit heißen Quellen und blaue, grüne und lilafarbene Bäche.

 

Überall wächst giftgrünes Moos und am Rand liegt Eis und Schnee. Aus dem Boden qualmt weißer Rauch. Es stinkt teilweise bestialisch nach Schwefel. Manche Dampffontänen hören sich an wie ein Düsenflugzeug.

 

Hier ziehen wir mit unseren Bikes unsere Kreise. Wirklich begreifen können wir diese Landschaft nicht. Um den Kerlingarfjöll gibt es einige Wanderwege, die sich sehr gut für eine Biketour eignen. Nur das Wetter kann hier oben ziemlich erbarmungslos sein. Wir verlassen nach zwei Tagen diese Gegend um wieder in den wärmeren Süden zu gehen.

Tag 7 und 8: Lavatrail und Schwefelbad

 

7. Tag
Reise mit dem Bus nach Landmannalaugar.

 

8. Tag
Landmannalaugar ist ein beliebtes Wandergebiet auf Island. Hier gibt es heiße und kalte Quellen. Die Landschaft wirkt wie gemalt. Ein buntes Farbenspiel der Natur. Ähnlich wie am Kerlingarfjöll, nur das Klima ist milder. Landmannalaugar steht unter strengem Naturschutz. In dieser Gegend darf man nur auf dem Campingplatz übernachten.

 

Nach den letzten Tagen in der abgeschiedenen Wildnis ist das für uns Luxus. Waschräume, Toiletten und warme Duschen sind eine willkommene Abwechslung. Gleich neben dem Campingplatz fließt ein warmer Bach. Die Wassertemperatur liegt zwischen 18 und 40 Grad Celsius.



Das Wasser ist glasklar und riecht überhaupt nicht nach Schwefel. Aus den Nebenbächen fließt warmes und kaltes Wasser zu, so dass man sich seine Lieblingstemperatur aussuchen kann. Hier entspannt man dann bis man ausreichend Wärme getankt hat.

 

Selbst Schieben geht nicht mehr

 

Von hier kann man verschiedene Trailrunden mit dem Bike drehen. Wir starten in Richtung Süden. An einem wunderschönen Fluss zieht sich der Weg ins Tal. Noch ist alles ganz leicht. Mit viel Druck in den Pedalen starten wir. Unser Flow wird aber gleich wieder gebremst. Wir müssen ein Lavafeld queren. Die Lavabrocken sind so zerklüftet, dass wir hier unsere Räder nicht einmal schieben können.

 

Auf den Schultern tragen wir die Bikes durch die zerklüftete Ebene. Nach zirka 20 Minuten haben wir es aber schon hinter uns. Hinauf zu unserem ersten Anstieg führt ein Pfad aus gelber Erde. Ab und zu kommt links und rechts neben dem Weg eine heiße Schwefelquelle mit 100 Grad heißem Wasser.

 

An den Schwefelgeruch haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Der Weg hat richtig viel Gripp. Wir versuchen so lang zu Radeln bis gar nichts mehr geht. Der Oberkörper ist weit über den Lenker gebeugt. Der Puls rast. Doch irgendwann ist dann doch Schluss. Wir schieben.

 

Oben angekommen sind wir fasziniert von der Landschaft. Alles erscheint so unwirklich. Ein italienischer Wanderer bittet uns einmal für ein Foto zu posen. Passanten bewundern uns und wir werden ständig fotografiert und gefilmt. Oft wird uns auch zugejubelt.

 

Trail-Surfen auf Lavagestein

 

Helm auf, Handschuhe an, Dämpfer auf. Jetzt geht’s nach unten. Endlich! Der Trail ist einfach nur flowig. Ganz wenige steile Passagen. Jede Kurve wird spielend mitgenommen. Ab und zu müssen wir anhalten und die bunten Berge betrachten. Der Trail hat jetzt ein paar sandige, steile Spitzkehren.

 

Durch das Einsinken der Reifen wird das Bremsen ganz überflüssig. Es fühlt sich eher wie surfen an. Unten an dem riesig breiten Flussbett angekommen, müssen wir mit den Rädern den Fluss queren.

 

Meistens funktioniert das auch ohne nasse Füße zu bekommen. Auf der Gegenseite erwarten uns dann noch einmal zirka 500 Höhenmeter. Aber in dieser grandiosen Landschaft ist man so von den Eindrücken überwältigt, dass sich die 500 Meter eher wie 100 Höhenmeter anfühlen.

 

Oben angekommen zieht sich der Weg immer über den Grad zurück in Richtung Campingplatz. Besser hätte man einen Singletrail nicht anlegen können. Und das in dieser Landschaft.

 

Zurück am Campingplatz setzen wir uns erst mal in den heißen Bach und lassen die Tour nochmals auf uns wirken. Es ist abends 23:30 Uhr. Die Wolken leuchten rötlich. Die gelben Berge leuchten im Abendlicht. Und wir sitzen in einem heißen Naturwhirlpool. Der Tag war schon wieder der Wahnsinn.

 

Wir fragen uns, was jetzt noch kommen soll. Denn wir haben bisher jeden Abend beschlossen, dass der zurückliegende Tag der Beeindruckendste von allen war. Und bisher war der darauffolgende Tag immer noch aufregender und schöner.

Tag 9 und 10: Ausharren im Nebel

 

9. Tag

Wir starten heute schon morgens um drei Uhr. Stirnlampen brauchen wir auf Grund der Helligkeit keine. Geplant ist eine größere Tour in die Hochebene hinter Landmannalaugar.

Nach der kurzen Nacht fühlen sich die Beine richtig schwer an. Nach den ersten paar Kilometern geht es einen steilen Weg mit vielen Spitzkehren nach oben. An fahren ist hier nicht mehr zu denken.

 

Wir schieben und tragen eine ganze Zeit lang. Oben angekommen zieht dichter Nebel auf. Wir fahren ein Stück auf der anderen Seite des Berges ab und hoffen, so wieder aus den Wolken herauszukommen. Keine Chance. Wir stecken mittendrin. Der Weg ist auch nicht mehr zu erkennen. Keine Ahnung, wo auf der Karte wir genau sind. Wir könnten uns jetzt an unseren Spuren zurücktasten oder hier warten.

 

Wir warten! Fast zwei Stunden sitzen wir zusammengekauert hinter einem Stein. Haben alles angezogen, was wir dabei haben. Es ist kalt und unangenehm. Ab und zu stehen wir kurz auf um uns zu bewegen, wieder warm zu machen.

 

Endlich scheint der Nebel aufzureißen. Ein Weg ist dennoch nicht zu erkennen. Wir warten bis es hell genug ist um uns an den Höhenlinien der Karte zu orientieren. Die Richtung steht fest. Nach einer halben Stunde finden wir auch endlich wieder Fußspuren im lehmig, sandigen Boden. Wir sind richtig!

 

Wie Skitouren über Vulkanasche

 

Über einen schmalen, lehmigen, gelben Grat geht es ins Tal, bevor es auf der Gegenseite wieder steil nach oben geht. Endlich sind wir auf der Hochebene angekommen. Jetzt erinnert das Biken eher ans Skitouren gehen. Geradeso in Sichtweite erkennt man einen Markierungsstab. Da müssen wir hin.

 

Die Linie ist egal. Es geht über Vulkanasche, Schneefelder, Steine und Moos. Den tiefen Rinnen, die mit Schnee gefüllt sind und die ein oder andere blaue Eisspalte versuchen wir so gut es geht zu umfahren.

 

Ein kräftiger Wind bläst hier oben. Es ist anspruchsvoll geradeaus zu fahren. Ab und zu holt einen eine Böe vom Rad. Nun verlassen wir wieder langsam das Hochland und fahren zurück in Richtung Landmannalaugar. Der Trail führt uns über zwei steile Schneefelder und dann über die gelben Berge hinunter zum Rand eines Lavafeldes.

 

Hier schlängelt sich der Pfad durch das schroffe Gestein. Es ist alles fahrbar. Ab und zu muss man sich ganz schön anstrengen, um die engen Kurven zu meistern, hat aber dabei einen richtig guten Flowcharakter.

 

10. Tag

Tag der Abreise. Kurzer Ausflug in die Hauptstasdt Reykiavik (etwa 120.000 Einwohner).

Abreise über Keflavik Airport am Abend. Flugzeit Keflavik – Stuttgart ungefähr 3 Stunden.

Reisetipps zu Land und Leuten

 

Das ist uns in Island aufgefallen:

  • Land ohne Nacht im Sommer, ganz anderer zeitlicher Rhythmus. Die Shops machen erst gegen zwölf Uhr auf. Nachts um zwölf Uhr spielen Kinder auf den Straßen.

  • Um die Sehenswürdigkeiten alleine und in Ruhe zu besichtigen, sollte man sie zwischen 20 Uhr abends und zehn Uhr morgens besichtigen. Hier ist dann auch das schönste Licht (bei gutem Wetter) zum Fotografieren.

  • Egal wie lang man für eine Biketour braucht, das Licht reicht für jeden Downhill. Es wird nie dunkel.

  • So gut wie überall Handynetz mit mobilem Internet.

  • Endlose Weiten. Die Dimensionen des Landes sind riesig.

  • Naturgewalten geben das Leben vor. Hier passt sich der Mensch an die Natur an - nicht wie bei uns, wo sich die Landschaft (z.B. Flüsse) dem Menschen anpassen muss.

  • Geringe Bevölkerung. Island hat ca. 300.000 Einwohner / 3,28 Menschen pro Quadratkilometer.

  • Sehr abwechslungsreiche Landschaft innerhalb weniger Kilometer, zum Beispiel grüne und fruchtbare Felder, karge Lavawüsten, kleine Birkenwälder, schroffe Berge, gewaltige Gletscher, schwarze Strände, gelbe Berge, grünes Moos, riesige Canyons, endlose Ebenen, gewaltige Wasserfälle.

  • Reiseplanung möglichst flexibel und spontan gestalten. Die Natur und das Wetter geben den Verlauf der Reise vor.

  • Alle Straßen sind super ausgeschildert. Man findet alles ohne Schwierigkeiten.

  • Wanderwege sind oft mit farbigen Holzstäben oder Steinbergen in Sichtweite markiert.

  • Wanderkarten gibt es an fast jeder größeren Tankstelle bzw. Supermarkt. Es ist nicht alles kartographiert. Bisher 10 kartographierte Bereiche in Island.

  • Alle Wanderwege sind für Trailbegeisterte sehr gut nutzbar. Im Vergleich zu Deutschland wird man mit großer Begeisterung und Applaus begrüßt.

  • Um das weite Land zu erkunden, ist ein Mietwagen von Vorteil. Es kann aber auch jede Ecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln, z.B. Bus, erreicht werden. Inkl. Bike-Transport.

  • Vorteil der öffentlichen Verkehrsmittel: Teildurchquerungen des Hochlandes sind sehr gut möglich. Campingplätze und B&B sind extrem gut erreichbar.

  • Tankstellen sind zugleich Supermarkt und Fast-Food-Restaurant. Man kann also viele nützliche Sachen zeitgleich erledigen.

  • Die Wetterlage ist auf der Insel oft sehr unterschiedlich. Oft regnet es auf der einen Seite der Insel und auf der anderen scheint die Sonne - und umgekehrt.

  • So gut wie Jeder auf Island kann Englisch.

  • Sicheres Land. Man muss nicht ständig Sorge haben beklaut zu werden.

  • Island ist sehr sauber, nirgends liegt Müll herum.

Nützliche Weblinks für die Island-Reise:

Bastian Morell - Sportfotografie - foto@bastianmorell.de

D-87545 - Burgberg im Allgäu